Sozialpolitik im Nationalsozialismus

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Die Sozialpolitik im Nationalsozialismus bezeichnet die Maßnahmen, die seitens ihrer Träger im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie gegenüber definierten Teilen der Bevölkerung durchgeführt wurden. Sie war ausgerichtet auf die Ideologie der Volksgemeinschaft[1][2] und fand unter den davon profitierenden Gruppen große Akzeptanz.

Ein viel zitiertes Beispiel für die Maßnahmen war eine steuerliche Entlastung des Mittelstandes und der Geringverdiener, bei stärkerer Belastung von Unternehmen oder Hauseigentümern.

Vorgeschichte bis zur Machtergreifung

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In den Jahren der Inflation in den 1920er Jahren war die Lebenssituation weiter Teile der deutschen Bevölkerung durch Mängel im Ernährungssektor und eine allgemeine Verarmung weiter Teile der Bevölkerung gekennzeichnet.

Die NSDAP griff in der Folge stärker als viele andere politische Gruppen und Strömungen diese Situation auf und beschäftigte sich in ihrem 25-Punkte-Programm von 1920 in mehr als der Hälfte der Punkte mit der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Dieses gipfelte in dem Wahlspruch: "Gemeinnutz geht vor Eigennutz".

Auch weitere korporationistische oder egalitäre Gedanken wurden thematisiert: So sollten die bestehenden Klassen abgeschafft und alle Deutschen zu einer einheitlichen Volksgemeinschaft zusammengeschlossen werden. Ebenso sollten Großbetriebe enteignet werden. Diese Programmkomponenten der NSDAP wurden letztlich jedoch nicht umgesetzt, da Hitler die Reichswehr und die Unternehmer auf seine Seite bringen wollte. Unter anderem führte dies zu der von den Nationalsozialisten nachträglich als Röhm-Putsch bezeichneten Ermordung der SA-Führung, die auf der Umsetzung der korporationistischen Programmpunkte bestanden hatte.

Sozialpolitik in Friedenszeiten

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Arbeitslosigkeit

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In den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft sank die Zahl der Arbeitslosen enorm. Eine grundlegende Rolle spielte dabei ab 1933 die Umsetzung des vom Keynesianismus inspirierten Reinhardt-Programms mit einem beachtlichen finanziellen Volumen von 1,5 Milliarden Reichsmark. Waren im Februar 1933 über 6 Mio. Arbeitslose offiziell registriert, konnte Hitlers Regierung im Juni 1934 die Reduzierung auf 2,5 Mio. bekanntgeben. Im Januar 1935 waren es 2,9 Mio., Ende August 1935 nur noch 1,1 Mio.[3] Hauptursache dafür war das bereits von der Brüning-Regierung eingeleitete Beschäftigungsprogramm (Landwirtschaft und Straßenbau), das auf den Wohnungsbau ausgeweitet wurde. Insbesondere der Autobahnbau wurde propagandistisch in Szene gesetzt.

Die Arbeitslosenzahl sank auch deshalb, weil einige Branchen (Landarbeiter, Fischereiarbeiter, Forstarbeiter, Dienstboten) aus der Arbeitslosenversicherung herausgenommen wurden; ein zusätzlicher Effekt wurde erzielt, indem Frauenarbeit verpönt und eine Kampagne gegen Doppelverdiener gestartet wurde. Insbesondere aus dem Dienstleistungsgewerbe und den höher qualifizierten Berufen wurden Frauen systematisch verdrängt und dadurch viele freie Stellen geschaffen.

Der durchschnittliche Wochenlohn lag allerdings immer noch ein Viertel unter dem Wert von 1929, gleichzeitig waren aber auch die Lebenshaltungskosten deutlich gesunken.

1935 wurde die Wehrpflicht eingeführt und im selben Jahr bis zu Kriegsbeginn ebenfalls ausschließlich für junge Männer der zwangsverpflichtende Reichsarbeitsdienst, wodurch die Arbeitslosigkeit weiter zurückging. Nach Einführung des Pflichtjahres 1938 für junge Frauen und durch die massive Aufrüstung der Wehrmacht wurde bis 1939 faktisch Vollbeschäftigung erreicht.

Mit dem Steueranpassungsgesetz 1934 wurde die 1920 eingeführte Reichseinkommensteuer fortentwickelt und das noch heute geltende Steuersystem mit den Steuerklassen I bis IV geschaffen. Entgegen verbreiteten Fehlinformationen wurde allerdings nicht das Ehegattensplitting eingeführt, sondern es wurden die Verdienste von Ehemann und Ehefrau addiert und wie die einer Einzelperson besteuert. Das führte dazu, dass der Zusatzverdienst des Ehepartners voll der Progression unterlag, was eine deutlich erhöhte Steuerlast bei Zweiverdienerehen gegenüber dem vorherigen Rechtszustand (in dem jeder Ehepartner getrennt wie ein Lediger besteuert wurde) bedeutete. Dies fügte sich nahtlos ein in die generelle politische Linie der Ablehnung von Frauenerwerbstätigkeit.

Um der Bevölkerung zu demonstrieren, dass Hitler auch während des Krieges die Steuern senken könne, statt Kriegssteuern einzuführen, wurden 1940 Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge von der Steuer befreit.

Unternehmen oder Hauseigentümer wurden dagegen stark belastet: Die Körperschaftssteuer wurde von 20 % auf 40 % erhöht, Hauseigentümer mussten eine Sonderabgabe von acht Milliarden Reichsmark entrichten.

Alle sozialstaatlichen Maßnahmen waren letztlich einem Ziel untergeordnet: Der nationalsozialistischen Rassenideologie. Damit der „Volkskörper“ gesund und die „arische Rasse“ rein bleibe, sollten die Leistungen körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen und „rassisch Minderwertigen“ nicht zugutekommen (siehe auch: Nationalsozialistische Rassenhygiene).[4]

Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden (DHM) stellte sich voll in den Dienst der nationalsozialistischen Ideologie. Es wollte „das Verständnis für das bevölkerungspolitische Programm der NSDAP und damit des nationalsozialistischen Staates ... wecken, um damit die Grundlage für eine einheitliche Gesundheitsführung und die Volksgesundheit des deutschen Volkes zu fördern.“ Mit Rücksicht auf die Ausweitung der Aufgaben auf dem Gebiet der Erb- und Rassenkunde wurde eine besondere Abteilung eingerichtet. Das DHM zeigte die Wanderausstellungen „Volk und Familie“, „Ewiges Volk“ und „Volk und Rasse“, um „das Verantwortungsbewusstsein des einzelnen Volksgenossen gegenüber seinem Volk und seiner Rasse zu wecken, zu vertiefen und hinzulenken zu den von allen zu erfüllenden völkischen Verpflichtungen.“ In den Kriegsjahren wurde die Aufklärung über Luftschutz und Kampfgaserkrankungen hinzugenommen und auch auf die besetzten Gebiete ausgeweitet.

Bei der Judenverfolgung (siehe auch: Arisierung) und dem Holocaust als gravierendsten rassenideologische Maßnahmen ist jedoch umstritten, aus welchen Gründen sie letztlich durchgeführt wurden. So wird insbesondere in neueren Veröffentlichungen argumentiert, dass es ein staatlich geförderter Raubzug war, der zu beträchtlichen Einnahmen für das Dritte Reich führte. Alleine die nach der Reichspogromnacht von 1938 verfügte sogenannte „Judenvermögensabgabe“ von einer Milliarde Reichsmark erhöhte die Staatseinnahmen um mehr als sechs Prozent. Letztlich ermöglichten diese Einnahmen der deutschen Bevölkerung auch zu Kriegszeiten einen vergleichsweise komfortablen Lebensstandard. Auf diese Weise profitierte die überlebende Bevölkerung vom Holocaust.

Arbeitnehmerpolitik

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Das Verhältnis zu den Arbeitnehmern schwankte zwischen Zuckerbrot und Peitsche: Einerseits wurden die Gewerkschaften verboten und durch die Deutsche Arbeitsfront ersetzt, die ein Einheitsverband von Arbeitnehmern und Arbeitgebern und somit kein Gewerkschaftsersatz war. Außerdem wurden durch einen flächendeckenden Lohnstopp faktisch die Reallöhne gesenkt, und die Arbeitszeiten beim Übergang in die Kriegswirtschaft erhöht. Mit diesen Maßnahmen beherrschten der NS-Staat umfänglich die Arbeitnehmerschaft, die Löhne und verhinderte wirksam jeden möglichen Streikansatz.

Die harmonische Volksgemeinschaft gab es in der Realität nur eingeschränkt, es kam zu verschiedenen Streiks, die aber möglichst geheim gehalten wurden. Die Reaktion der Nationalsozialisten war schwer kalkulierbar, manchmal reagierten sie mit unkalkulierbarem Terror, hin und wieder entfernten sie aber auch Betriebsführer. Andererseits gab es auch soziale Verbesserungen und Geschenke: So wurde der 1. Mai als Feiertag für die Arbeiter und der Hausarbeitstag für die Frauen eingeführt. Außerdem wurde die Kraft-durch-Freude-Organisation gegründet, um durch Ferienreisen und Freizeitveranstaltungen eine Gleichschaltung der deutschen Bevölkerung im Freizeitbereich im Sinne des Nationalsozialismus zu erreichen.

Am 16. Dezember 1936 wurde mittels 3. Berufskrankheitenverordnung die Unfallversicherung auf gewerbliche Berufskrankheiten in Deutschland erweitert und der gewerbeärztliche Dienst ausgebaut. Das Reichsarbeitsministerium setzte damit die Sozialpolitik der Weimarer Republik hinsichtlich der Berufskrankheiten fort. Neu anerkannt wurden unter anderem Asbestose und Lungenkrebs durch Chromaterzeugung. Darüber hinaus sicherte die VO die Entschädigung bei schweren Silikosen und erweiterte die Anzahl gesundheitsgefährdender Stoffe. Seit dieser Zeit gibt es den Staatlichen Gewerbearzt. Im Vergleich zu 1931 sank jedoch der Anteil anerkannter Fälle von Berufskrankheiten an der Zahl der gemeldeten Fälle. Der Betriebsarzt sollte hauptsächlich bei der Beurteilung der Arbeiter die Frühinvalidität mindestens auf das 55. Lebensjahr hinausschieben, so forderte es Hans Reiter, der Präsident des Reichsgesundheitsamtes. Ab 1938 wurde das kassenärztliche Recht auf Arbeitsunfähigkeitsschreibung eingeschränkt. (Ein an Magengeschwüren leidender Arbeiter sei nicht arbeitsunfähig, außer die Geschwüre bluteten oder neigten zum Durchbruch. EKG-Untersuchungen seien auf ein Mindestmaß zu beschränken und der Patient bleibe bis zum Eingang des Befundes arbeitsfähig.)

"Bei Anlegung eines so strengen Maßstabes kann es vorkommen, dass es auch Gefallene in der Heimat gibt." (Mitteilung an die Mitarbeiter der Vertrauensärztlichen Dienststelle Saarlandstraße vom 19. Februar 1943, zitiert bei Elfriede Paul: Ein Sprechzimmer der Roten Kapelle, Berlin 1981, Militärverlag, S. 219)

1941 wurden alle Rentner in die Krankenversicherung übernommen und sind seitdem automatisch krankenversichert – nach Beobachtungen des SS-Sicherheitsdienstes löste diese Maßnahme "sichtbare Befriedigung und große Freude" unter den Senioren aus.

Sozialpolitik während des Zweiten Weltkrieges

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Im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg fand während des Zweiten Weltkrieges bis zur Niederlage von Stalingrad keine totale Mobilmachung und Umstellung auf eine Kriegswirtschaft statt. Tatsächlich wurde in den zivilen Bereichen für eine lange Zeit fast unbeeindruckt vom Krieg weiter produziert. Möglich war das, da die Kriegswirtschaft auf das Prinzip der Blitzkriege fixiert war und auf eine Tiefenrüstung verzichtet wurde. Außerdem profitierte das Dritte Reich von den anfänglichen Erfolgen der Wehrmacht, die den Zugriff auf die Nahrungsmittel und Arbeitskräfte aus den besetzten Ländern ermöglichte.

In Deutschland wurden am Sonntag, dem 28. August 1939, vier Tage vor Beginn des Zweiten Weltkrieges (und drei Tage nach dem ursprünglichen Angriffsbefehl für den Überfall auf Polen), Lebensmittelmarken und Bezugsscheine für Benzin ausgegeben.

Nach GoebbelsSportpalastrede, in der er zum totalen Krieg aufrief, verstärkten sich die Einschränkungen in der Versorgung.

Im April 1945 lagen die Nahrungsmittelrationen unter dem Erhaltungs-Minimum, sodass mit einer Hungersnot gerechnet wurde.

Deshalb wurde auf greifbare ... neuartige Nahrungsmittel verwiesen: Raps, Rapskuchen und Rapsextraktionsschrot, Kastanien, Eicheln (für Eichelkaffee), Futterpflanzen als Massengemüse (Runkelrüben, Serradella, Klee, Luzerne).

Für die Eiweißgrundlage sollten alle greifbaren warmblütigen Tiere geschlachtet und niedere Wildtiere gesammelt werden (Fische jeder Art, Frösche, Schnecken).

(Aus den Richtlinien von Ernst-Günther Schenck, Inspekteur für Truppenverpflegung und -ernährung, an die Leiter der "Gauämter für Volksgesundheit" der NSDAP vom 5. April 1945 über die Ernährungsfrage, zitiert in: Die Befreiung Berlins 1945, hrsg. u. eingel. von Klaus Scheel, Berlin 1975, S. 60 f.)

Am Ende des Krieges brach die Industrie durch die Bombardierung der Infrastruktur (Eisenbahn) und Industrieanlagen und die fehlende Rohstoffversorgung zusammen, die Versorgung mit Lebensmitteln wurde problematisch, der Schwarzmarkt blühte auf.

Einzelnachweise

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  1. Norbert Götz. “Volksgemeinschaftliche Sozialpolitik.” Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung 44 (2002) 3: 79–93.
  2. Norbert Götz. Ungleiche Geschwister: Die Konstruktion von nationalsozialistischer Volksgemeinschaft und schwedischem Volksheim. Baden-Baden: Nomos, 2001. 349–417.
  3. Jahresbericht der Reichs-Kredit-Gesellschaft Deutschlands wirtschaftliche Lage an Jahreswende 1935/36 (Memento vom 22. März 2014 im Internet Archive) in der Ausgabe Februar 1936 der Weißen Blätter, S. 60.
  4. Vgl. Wolfgang Ayaß: "Asoziale" im Nationalsozialismus, Stuttgart 1995.
  5. eingeschränkte Vorschau auf Google books